Deutschland und Frankreich sind Nachbarländer … und trotzdem gibt es in der Arbeitskultur einige deutliche Differenzen. Auch wenn sich beide Welten langsam, aber kontinuierlich nähern, so bleibt doch ein Kernunterschied bestehen: Deutsche mögen es, wenn einmal beschlossene Pläne, Entscheidungen oder Gesetze auch befolgt werden. Franzosen denken eher, dass nie etwas 100prozentig so kommt wie geplant. Wie können Deutsche und Franzosen erfolgreich zusammenarbeiten und welche kulturellen Besonderheiten sind zu beachten?
Während Deutsche sich im Geschäftsleben eher pragmatisch verhalten und den Zweck wie den Nutzen in den Vordergrund stellen, betreiben Franzosen das Geschäft weit emotionaler. In Frankreich schafft sich der Vertrauen, dem der Aufbau einer persönlichen Beziehung zum Geschäftspartner oder Kollegen gelingt, sei es aufgrund von Sympathie oder anderer emotionaler Stärken. Damit verglichen, beruht Vertrauen in der deutschen Geschäftswelt mehr auf der Arbeitsqualität und vor allem auf der Berechenbarkeit des Handelns, Faktoren also im rationalen Bereich. Oft wird behauptet: Die Deutschen „lieben“ die Franzosen, nehmen sie aber nicht wirklich ernst; die Franzosen bewundern die Deutschen, „lieben“ sie aber nicht wirklich. In dieser plakativen Äußerung steckt vielleicht etwas Wahrheit.
Unterschiede in der Unternehmensstruktur
Die kulturellen Besonderheiten spiegeln sich auch in der Unternehmensstruktur wider.
Französische Unternehmen sind in der Regel sehr hierarchisch strukturiert. Entscheidungsmacht und Verantwortung konzentrieren sich zumeist in der Hierarchiespitze des Unternehmens. Von den Angestellten wird oft nicht erwartet, Eigeninitiative zu zeigen. Im Vergleich dazu besteht in Deutschland normalerweise eine geringer ausgeprägte Hierarchie. Vor allem im privaten Bereich herrscht eine weitgehende Gleichstellung, im Geschäftsleben kann es je nach Unternehmensstruktur verschieden stark ausgeprägte Rangunterschiede geben.
Entscheidungsprozesse und Regeln der Kommunikation
In Deutschland wird ein einmal gefasster Beschluss meistens als unveränderlich angesehen. Für Franzosen ist die Entscheidungsfindung nicht selten ein kontinuierlicher Prozess, bei dem Vereinbarungen geändert und der aktuellen Sachlage angepasst werden. Dem meist unverbindlichen Charakter von Vereinbarungen in Frankreich wird von Deutschen oft mit Misstrauen begegnet. Deshalb ist der Aufbau einer gemeinsamen Vertrauensbasis für erfolgreiche Verhandlungen zwischen Deutschen und Franzosen sehr wichtig.
Auch Unterschiede in der Kommunikation können auf Unverständnis stoßen. Deutsche sagen eher direkt heraus, was sie denken. Expliziertes Kommunizieren und schriftliches Festhalten sind im deutschen Geschäftsleben üblich. In Frankreich eckt man damit eher an. Der Franzose ertastet ein Thema und betrachtet die gesamte Dimension eines Sachverhalts, was Deutsche schnell als ‚nicht auf den Punkt kommen’ interpretieren. Der Franzose bevorzugt die mündliche Informationsübertragung, dem übertriebenen schriftlichen Festhalten steht er eher abneigend gegenüber. Ersteres kann bei Deutschen Frust und Verwirrung hervorrufen, Zweiteres bei Franzosen Gereiztheit und Ungeduld.
Auch die kulturellen Besonderheiten in der Besprechungskultur unterscheiden sich in beiden Ländern. Während Deutsche sich im Regelfall auf eine Besprechung gut vorbereiten und Entscheidungen treffen möchten, kommen Franzosen eher zu einem Gedankenaustausch zusammen. Tagesordnungen werden verändert oder ignoriert, Entscheidungen kaum getroffen. Der eigentliche Teil einer Besprechung findet in Frankreich meist vorher oder nachher statt.
Terminplanung und Zeiteinteilung
Sind Pünktlichkeit und genaue Zeiteinteilung sehr wichtig für Deutsche und zeugen von Respekt und Achtung, so spielt dies in Frankreich eine untergeordnete Rolle. Verspätungen sind für Franzosen kein Zeichen für Unzuverlässigkeit, mangelndes Organisationstalent oder fehlende Vertrauenswürdigkeit. Umgekehrt wird allerdings erwartet, dass der Deutsche immer pünktlich ist! Deutsche sollten daher mehr Zeit bei Besprechungen und Geschäftsessen einplanen und Verspätungen einkalkulieren.
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Autoren: Dieter Gläsener / Jitka Mencl-Goudier