In Europa werden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit am stärksten zu spüren sein. Davon geht der Internationale Währungsfonds (IWF) aus. Die EU-Kommission erwartet wegen der Corona-Krise eine tiefe Rezession. Sie geht in ihrer Frühjahrsprognose für das Jahr 2020 von einem Einbruch der EU-Wirtschaftsleistung von 7,4 % aus, wobei Deutschland mit einem Minus von 6,5 % weniger hart getroffen würde als etwa Frankreich, das mit einem Einbruch von minus 8,2 % rechnen muss. Maßgebende Faktoren sind die Geschwindigkeit bei der Lockerung von Corona-Maßnahmen, die Bedeutung von Dienstleistungen wie dem Tourismus sowie die finanzielle Lage der beiden Länder.
Der Arbeitsmarkt gerät stark unter Druck
Im laufenden Jahr dürfte die Erwerbstätigkeit in Deutschland um 370.000 Personen zurückgehen. Besonders betroffen sind das Gastgewerbe, der Handel sowie die Unternehmensdienstleistungen. Die Kurzarbeit ist im März und April in noch nie dagewesenem Ausmaß angestiegen und konnte viele Entlassungen verhindern. Die Arbeitslosigkeit dürfte im Jahresdurchschnitt auf 5,8 % steigen.
Auch Frankreichs Wirtschaft hat im ersten Quartal wegen den Folgen der Corona-Krise den stärksten Konjunktureinbruch seit mehr als 70 Jahren erlitten. In den ersten drei Monaten des Jahres sei die Wirtschaftsleistung um 5,8 % im Vergleich zum Vorquartal geschrumpft, teilte das nationale Statistikinstitut INSEE mit. Nach den letzten Schätzungen der EU-Kommission könnte die Arbeitslosigkeit in diesem Jahr auf über 10 % steigen.
Welche Branchen sind besonders betroffen?
Wie stark die Wirtschaftstätigkeit eingeschränkt ist, ist branchenabhängig. So ist zum Beispiel der Tourismus entlang der gesamten Wertschöpfungskette beinahe zum Erliegen gekommen. Der Gesundheitssektor oder Teile des Handels hingegen arbeiten mehr oder weniger im vollen Umfang weiter. Viele Industriebetriebe sind durch gestörte Lieferketten und andere Beeinträchtigungen auf der Angebots- und Nachfrageseite massiv beeinträchtigt. Tendenziell sind Branchen weniger betroffen, in denen die Ansteckungsgefahr geringer ist oder wo Arbeiten im Homeoffice möglich ist.
Deutschlands Industrie erwartet einen nie dagewesenen Einbruch ihrer Produktion. Der auf einer Umfrage unter Unternehmen basierende Index des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo stürzte im April auf den tiefsten Punkt seit der Wiedervereinigung. Für den Monat März meldete das Statistische Bundesamt einen Rückgang der Industrieproduktion um 9,2 %. Besonders hart traf es die Autoindustrie: Hier fiel die Produktion um 31,1 %. Die meisten Autohersteller hatten ihre Werke in den letzten Wochen geschlossen. Auch bekommt der Exportweltmeister nun die weltweite Krise und die Störung globaler Lieferketten zu spüren.
Frankreich ist stärker als Deutschland vom Tourismus abhängig, der völlig zusammengebrochen ist und sich wegen anhaltender Reisebeschränkungen erst spät und zögerlich erholen dürfte. Im verarbeitenden Gewerbe ist die französische Wirtschaft neben dem Autobau stark von der Flugzeugherstellung und nicht zuletzt von der Luxuswarenindustrie geprägt – alles Bereiche, die kaum Nachfrage generieren. Zudem sind die Unternehmen steuerlich schon lange so stark belastet, dass sie nur geringe Reserven für Investitionen und Arbeitsplatzschaffung haben.
Autor: Jitka Mencl-Goudier
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