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Die Arbeitsmarktpolitik spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung und soziale Stabilität eines Landes.

Deutschland als Vorbild? Wie Frankreich von einer höheren Beschäftigungsquote profitieren könnte

Die Arbeitsmarktpolitik spielt eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung und soziale Stabilität eines Landes. In Bezug auf die Beschäftigungsquote gibt es zwischen Frankreich und Deutschland signifikante Unterschiede, die weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum, Sozialleistungen und die öffentlichen Finanzen haben. Eine eingehende Untersuchung der Beschäftigungsstrukturen zeigt, dass Frankreich durch gezielte Reformen potenziell erhebliche Vorteile erzielen könnte.

Beschäftigungsquoten im Vergleich: Wo Frankreich hinterherhinkt

Die Diskrepanz zwischen den Beschäftigungsquoten Deutschlands und Frankreichs ist beachtlich. Laut einer Analyse der Fondation iFRAP lag die Erwerbstätigenquote der 15- bis 64-Jährigen in Deutschland im Jahr 2023 bei 77,2 %, während Frankreich im selben Jahr eine Quote von lediglich 68,4 % verzeichnete. Diese Differenz spiegelt sich insbesondere in zwei Altersgruppen wider: den 55- bis 64-Jährigen sowie den 15- bis 24-Jährigen.

Bei den 55- bis 64-Jährigen lag die Erwerbstätigenquote in Deutschland bei 73,3 %, während Frankreich hier nur 56,9 % erreichte. Dieser Unterschied verdeutlicht die Schwierigkeiten des französischen Arbeitsmarktes, ältere Arbeitnehmer effektiv einzubinden.

Bei den 15- bis 24-Jährigen betrug die Erwerbstätigenquote in Deutschland 50,3 %, während Frankreich mit 34,9 % eine deutlich geringere Quote in dieser Altersgruppe verzeichnete. Diese Zahlen unterstreichen die Notwendigkeit von Reformen, die auf die spezifischen Herausforderungen dieser Altersgruppen abzielen.

Wirtschaftliche Auswirkungen einer Angleichung

Die Analyse der Fondation iFRAP zeigt, welches wirtschaftliche Potenzial in einer Angleichung der Beschäftigungsquoten steckt. Würde Frankreich die gleiche Erwerbstätigenquote wie Deutschland erreichen, könnten etwa 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dieser Zuwachs würde nicht nur die Arbeitslosigkeit reduzieren, sondern auch das Wirtschaftswachstum um etwa 3,2 % steigern.

Die Schaffung neuer Arbeitsplätze hätte zudem positive Effekte auf die öffentlichen Finanzen. Zusätzliche Steuereinnahmen könnten sich auf 38 Milliarden Euro belaufen, während gleichzeitig Einsparungen in Höhe von 9 Milliarden Euro möglich wären. Diese Entlastung würde sowohl den staatlichen Haushalt stabilisieren als auch die finanzielle Belastung für Unternehmen und Bürger senken.

Arbeitsmarktstrukturen: Ein Blick auf die Unterschiede

Die Unterschiede in den Beschäftigungsquoten lassen sich teilweise durch abweichende Arbeitsmarktstrukturen erklären. In Deutschland spielt die Teilzeitarbeit eine bedeutende Rolle. Modelle wie Mini- und Midi-Jobs bieten insbesondere Frauen, Jugendlichen und Senioren flexible Beschäftigungsmöglichkeiten, die es ihnen erleichtern, am Arbeitsmarkt teilzunehmen. Ein wichtiger Faktor hierbei ist jedoch die unterschiedliche Rentenpolitik in beiden Ländern. Deutsche Rentner erhalten im Durchschnitt nur 48 % ihres letzten Einkommens als Rente, während dieser Wert in Frankreich bei über 70 % liegt. Diese finanzielle Absicherung führt dazu, dass viele französische Rentner nicht auf eine Erwerbstätigkeit angewiesen sind, während in Deutschland viele Senioren weiterhin arbeiten, um ihren Lebensstandard zu sichern.

Ein weiterer Aspekt ist die berufliche Ausbildung. Das deutsche duale Ausbildungssystem ermöglicht es jungen Menschen, schnell in den Arbeitsmarkt einzutreten, da es praxisorientierte Erfahrungen mit theoretischem Wissen kombiniert. In Frankreich gibt es zwar ebenfalls ein duales und ein schulisches Ausbildungsmodell, jedoch ist das schulische Berufsausbildungssystem stärker ausgeprägt. Diese Ausrichtung auf Vollzeitausbildung kann den Übergang in den Arbeitsmarkt verzögern.

Die Beschäftigungsquoten in Deutschland und Frankreich verdeutlichen, wie entscheidend strukturelle Unterschiede für die Arbeitsmarktintegration sind. Würde Frankreich die deutsche Beschäftigungsquote erreichen, könnten erhebliche positive Effekte auf Wirtschaft, Sozialleistungen und öffentliche Finanzen erzielt werden. Zielgerichtete Reformen, die auf Flexibilität, Ausbildung und die Integration älterer Arbeitnehmer abzielen, würden nicht nur die Arbeitslosigkeit reduzieren, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit Frankreichs nachhaltig verbessern.

Autor: Haus & Gross
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