Die Hälfte der Bürger in Deutschland, Großbritannien und den Vereinigten Staaten hält mindestens große Änderungen im Wirtschaftssystem für nötig. In Frankreich sind es sogar 70 Prozent, einschließlich der 12 Prozent, die einen kompletten Umbau des Systems für angemessen halten. Das geht aus einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Pew im November und Dezember 2020 hervor, die 4.000 Bürger in den vier Ländern einbezog.
Die stärkste Polarisierung zeigt sich in den Vereinigten Staaten, wo 12 Prozent noch nicht einmal kleine Reformen am System für nötig halten, während 10 Prozent für einen Umsturz der Verhältnisse plädieren.
Trotz dieser eher skeptischen Grundhaltung zum herrschenden Wirtschaftssystem und der durch die Pandemiekrise getrübten Verhältnisse ist eine Mehrheit der Befragten optimistisch, ihren individuellen Lebensstandard zu steigern. In Deutschland sind das 72 Prozent und in Amerika 78 Prozent. In Frankreich teilen 51 Prozent diese Zuversicht.
Eigene wirtschaftliche Situation in Deutschland am besten beurteilt
Ihre aktuelle wirtschaftliche Situation beurteilten 13 Prozent der Deutschen als sehr gut und 60 Prozent als gut. Das entspricht immerhin drei Viertel der Befragten in Deutschland und ist mit Abstand der beste Wert im Vierländervergleich. In Frankreich sagte nur ein Viertel der befragten Bürger, es gehe ihnen sehr gut oder gut. In England waren es ein Drittel und in Amerika knapp die Hälfte.
Staatliche Weiterbildungsprogramme sehr gefragt
Die Meinungsforscher von PeW haben verschiedene wirtschaftspolitische Interventionen zur Auswahl gestellt und gefragt, wie wichtig und wünschenswert diese seien. Am besten schnitten staatliche Weiterbildungsprogramme ab, die die Fähigkeiten der Arbeiter stärken. Rund 75 Prozent der Engländer und 61 Prozent der befragten Deutschen halten sie für sehr wichtig. Der öffentliche Wohnungsbau wird ebenfalls von einer Mehrheit als wichtig eingestuft.
Weniger bedeutsam für die Befragten waren eine Anhebung der Sozialhilfe für Arme, die in England zwar von 53 Prozent und in Deutschland von 48 Prozent der Bürger als wichtig erachtet wird, in Frankreich aber nur von 39 Prozent. Für die Franzosen haben überraschenderweise auch höhere Steuern für die Reichen keine hohe Priorität.
In anderen Ländern ist die Zustimmung für Umverteilung höher, selbst in der Vereinigten Staaten, wo 45 Prozent eine Reichensteuer als sehr wichtig erachten und 47 Prozent einer Aufstockung der Sozialhilfe hohe Priorität zubilligen. Die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens wird in England von 50 Prozent für sehr wichtig gehalten, in den anderen Ländern hält rund ein Drittel die Einführung für sehr wichtig.
Autor: Jitka Mencl-Goudier
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