Vor dem Hintergrund steigender Kosten und drohender Versorgungsengpässe bangen mittelständische Unternehmen in Deutschland und Frankreich zunehmend um die Erdgasversorgung. Der Grad der Abhängigkeit unterscheidet sich allerdings, ebenso wie die Strategien, mit denen die Regierungen in Deutschland und Frankreich versuchen, russisches Gas zu ersetzen und Unternehmen vor allzu großen Kostensteigerungen oder gar Versorgungsengpässen zu bewahren.
Aus Sicht der deutschen und französischen Wirtschaft ist es erfreulich, dass die EU nun einen gemeinsamen Gas-Sparplan verfolgen möchte und sich auf einen Notfallplan Erdgas geeinigt hat. Dieser sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten ihren nationalen Konsum von August bis März 2023 im Vergleich zu den 5 vorangegangenen Jahren freiwillig um 15 % senken und ihre Gasspeicher bis Winterbeginn mindestens zu 66 % befüllen.
Steigende Energiepreise führen zu Einschränkungen im Geschäftsbetrieb deutscher Unternehmen
Deutschland importiert rund 90 % seines Erdgasbedarfs. 50 % des im Jahr 2021 in die EU importierten Gases stammte aus Russland. Im Vergleich dazu betrug dieser Anteil für Frankreich weniger als 8 %.
Immer mehr deutsche Betriebe geben daher wegen der stark gestiegenen Energiepreise ihre Produktion in Deutschland auf oder haben ihren Geschäftsbetrieb eingeschränkt. Das geht aus einer DIHK-Vorabauswertung des jährlichen Energiewendebarometers unter bundesweit rund 3.500 Unternehmen aus allen Branchen und Regionen hervor. Danach sehen sich insgesamt 16 % der Industriebetriebe gezwungen, auf die aktuelle Energielage mit einem Zurückfahren der Produktion oder einer zumindest teilweisen Aufgabe von Geschäftsbereichen zu reagieren. Knapp ein Viertel davon hat das nach eigenen Angaben bereits realisiert, ein weiteres Viertel ist gerade dabei. Etwa die Hälfte dieser Unternehmen gibt an, entsprechende Schritte noch zu planen.
Nach Einschätzung des Bundesverbandes Der Mittelstand wird es in diesem Zusammenhang in den nächsten Monaten um die Sicherung der Existenz hunderter Zulieferbetriebe im Mittelstand gehen, ohne deren Tätigkeit die Stabilität der Lieferketten in Deutschland und damit die Versorgungslage des Landes gefährdet wäre.
Frankreich weniger abhängig von russischem Gas
Norwegen ist der größte Lieferant für Erdgas in Frankreich. Außerdem verfügt das Land bereits über drei Terminals, an denen sich per Tanker angeliefertes Flüssiggas (LNG) entladen und ins Leitungsnetz einspeisen lässt. Die Kernkraftproduktion, die für rund 70 % der französischen Stromerzeugung steht, dürfte aufgrund unvorhersehbarer Abschaltungen und routinemäßiger Wartungen frühestens 2023 wieder Normalniveau erreichen. Die elf Gaskraftwerke des Landes müssen daher bis auf Weiteres am Anschlag laufen.
Doch Frankreich wird nach den Worten von Präsident Emmanuel Macron so bald wie möglich komplett auf russisches Erdgas verzichten. Bis Herbst werde das Land seine Vorräte „zu nahe 100 Prozent“ aufgestockt haben. Frankreich bekommt demnach mehr Erdgas aus Norwegen, Katar, Algerien und den USA.
Unterstützung für energieintensive Unternehmen in Deutschland und Frankreich
Um einen Teil der Preissteigerungen bei Erdgas und/oder Strom für betroffene Unternehmen auszugleichen, wurden in diesem Jahr in Deutschland und Frankreich Energiekostendämpfungsprogramme für energieintensive Unternehmen verabschiedet. Antragsberechtigt sind energie- und handelsintensive Unternehmen, die einen Zuschuss zu ihren gestiegenen Erdgas- und Stromkosten erhalten können. Dieser Zuschuss beträgt bis zu 50 Millionen Euro für ein energieintensives Unternehmen in Deutschland.
Autor: Jitka Mencl-Goudier
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