Die Umsetzung des Brexits hat bei mittelständischen Unternehmen in Deutschland und Frankreich zu Umsatz- und Ergebniseinbrüchen geführt, vor allem wegen zusätzlicher Verwaltungskosten, Abgaben sowie gestiegener Transportkosten. Der bürokratische und finanzielle Mehraufwand ist gerade für kleine und mittelständische Unternehmen erheblich.
Deutsche Unternehmen wenden sich vom britischen Markt ab
Der Brexit trifft die Branchen sehr unterschiedlich, grundsätzlich verliert Großbritannien aber als Handelspartner für die deutsche Wirtschaft an Bedeutung. So werden für die Lebensmittelindustrie in den nächsten Monaten die Lieferketten langsamer, komplizierter und teurer sein. Schwierigkeiten sehen auch Pharma- und Chemiekonzerne, die ihre Produkte künftig sowohl in der EU als auch in Großbritannien zulassen müssen. Diese Doppelprüfungen sorgen für zeitlichen Verzug bei der Einführung. Auch das Speditionsgewerbe hat gelitten. Zwar gelten Lizenzen, Zulassungen und Transitrechte weiter. Doch britische Transporteure dürfen nur noch ein Ziel zur Lieferung in der EU anfahren und an einer Station Ladung aufnehmen.
Nach Inkrafttreten des Brexit-Handelsabkommens sind im Januar die deutschen Exporte nach Großbritannien um nahezu ein Drittel eingebrochen. Bereits 2020 waren sie um 15,5 % auf 66,9 Milliarden Euro eingebrochen, vor allem wegen der Corona-Pandemie.
Auch rund 100 Tage nach dem Brexit verspüren die meisten Unternehmen negativere Auswirkungen des Brexits. Das zeigt eine aktuelle Umfrage von KPMG und der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG). * Die Unternehmen ziehen erste Konsequenzen. So hat sich eines von sechs befragten Unternehmen entschieden, den Außenhandel mit UK ganz einzustellen. Um den zusätzlichen Belastungen beim Im- und Export zu entgehen, haben die Unternehmen auch beschlossen, sich neue Lieferanten abseits des deutsch-britischen Korridors zu suchen: 22 % wollen zu Zulieferern aus anderen Ländern wechseln.
Frankreich verzeichnet Exportverlust von 1,9 Milliarden Euro
Die starke Abwertung des britischen Pfunds hat die französischen Exporte nach Großbritannien geschwächt. Die Kosten für den Brexit sind bereits jetzt beträchtlich. Dem Kreditversicherer Euler Hermes zufolge steht Frankreich an dritter Stelle bei den am meisten durch den Brexit betroffenen Ländern. Frankreich verzeichnet einen Exportverlust von 1,9 Mrd. Euro pro Jahr. Besonders gelitten haben die Lebensmittelbranche und Unternehmen im Bereich Transport, Chemie, Maschinen und elektronische Ausrüstungen.
Zahlen des Finanzministeriums zufolge hat Frankreich im letzten Jahr Waren in Höhe von 33,6 Milliarden Euro nach Großbritannien exportiert und für 21,1 Milliarden Euro britische Produkte importiert. Trotz des Brexits sieht Euler Hermes für drei Wirtschaftssektoren in diesem Jahr gute Exportchancen, darunter den Pharmasektor (+ 6,4 Mrd. Euro), den Fahrzeugsektor (+6,1 Mrd. Euro) und die Lebensmittelbranche (+ 5,5 Mrd. Euro). Diese Bereiche profitieren direkt von der steigenden Auslandsnachfrage, werden aber nicht ausreichen, um die Verluste von 2020 auszugleichen.
* Für die „100 Tage Brexit“-Umfrage hat KPMG in Zusammenarbeit mit der British Chamber of Commerce in Germany (BCCG) 93 Mitgliedsunternehmen der BCCG im Zeitraum zwischen dem 23. März und dem 12. April 2021 zu ihren Erfahrungen mit dem Brexit befragt. Die befragten Unternehmen stammen aus Deutschland (80 %) und Großbritannien (20 %).
Autor: Jitka Mencl-Goudier
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