Deutsche und französische KMU müssen nach zwei Jahren Corona-Pandemie jetzt mit wirtschaftlichen Konsequenzen aufgrund der Ukraine-Krise rechnen. Welche Auswirkungen auf die Wirtschaft sind in den kommenden Wochen und Monaten zu erwarten?
Nach Einschätzungen der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) wird der russische Einmarsch in die Ukraine in den nächsten Wochen und Monaten massive Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Viele deutsche und französische Unternehmen sehen sich in ihren Geschäftsabläufen durch ausfallende Lieferungen von Vorleistungen oder drohende Engpässe in der Energieversorgung bedroht. Mittelfristig werden weiter ansteigende Belastungen erwartet, sollte der Krieg nicht so rasch wie möglich beendet werden.
Deutschland: Sorgen vor steigenden Energiepreisen und Lieferantenausfall
Das Barometer für das Geschäftsklima in Deutschland fiel im März auf 90,8 Punkte nach 98,5 Zählern im Februar, wie das Münchner Ifo-Institut am 25. März zu seiner monatlichen Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte. Trotz des unerwartet starken Einbruchs beim Geschäftsklima rechnet das Ifo-Institut vorerst nicht mit einer Rezession als Folge des Ukrainekrieges. Aber durch den Krieg sind die Öl- und Gaspreise auf Rekordhöhen gestiegen. Das trifft vor allem Spediteure und energieintensive Industrien.
Rund 62 % der deutschen Unternehmen aus Industrie und industrienahen Dienstleistungen rechnen aufgrund der stark steigenden Energiepreise mit eher großen oder sogar sehr großen Belastungen für ihr Geschäft. Das haben sie in der aktuellen Frühjahrsbefragung für das IW-Zukunftspanel angegeben. Industrieunternehmen, die zumindest teilweise energieintensiv produzieren, gehen mit 71 % zu einem noch höheren Anteil von entsprechenden Beeinträchtigungen aus.
Auf Platz zwei des Sorgen-Rankings folgen Belastungen durch ausbleibende Gaslieferungen, die für knapp ein Drittel der Firmen problematisch wären. Nahezu gleichauf liegen die Sorgen darüber, dass Lieferanten ausfallen und deshalb die Produktionsprozesse ins Stocken geraten.
Starke Inflation könnte Nachfrage nach französischen Produkten bremsen
Der Präsident des französischen Verbands der kleinen und mittelständischen Unternehmen, François Asselin schätzt, dass rund 2.000 französische KMU direkt von der Ukraine-Krise betroffen sind.
Auch wenn die französische Wirtschaft bisher die Konsequenzen des Ukraine-Krieges relativ gut verkraftet hat, könnte sich die Situation schnell verschlechtern, wenn sich eine starke Inflation negativ auf die Nachfrage auswirkt. Bisher hat der Konflikt vor allem Industrien mit gestörten Lieferketten betroffen, während der weniger vom Ausland abhängige Dienstleistungs- und Bausektor im März noch vom Wirtschaftswachstum und dem Rückgang der Pandemie profitiert hat.
Eine aktuelle Umfrage von Opinionway, die unter 611 französischen Firmeninhabern zwischen dem 8. Und 16. März durchgeführt wurde, belegt aber, dass der Ukraine-Krieg stark im Bewusstsein der Unternehmenschefs angekommen ist. 85 % von ihnen machen sich Sorgen um die Auswirkungen der Krise auf ihr Unternehmen. Sie sind vor allem besorgt um die Konsequenzen hinsichtlich der Erschwinglichkeit ihrer Produkte. 93 % der befragten Unternehmenschefs machen sich Sorgen um steigende Energiepreise, 99 % der Firmenchefs sind besorgt um steigende Rohstoffpreise und 88% um gestörte Lieferketten.
Autor: Jitka Mencl-Goudier
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