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Interview mit Frank Eloy Vorstandsmitglied der SaarLB.

„Der Green Deal muss bezahlbar und finanzierbar sein“

Interview mit Frank Eloy Vorstandsmitglied der SaarLB.

 

Welche Bedeutung hat das Thema Klimawandel und Energiewende für die SaarLB?

Frank Eloy : Bereits seit mehr als 20 Jahren beschäftigen wir uns mit der Finanzierung von Projekten der erneuerbaren Energien in Deutschland und seit 2005 in Frankreich. Finanzierungen in diesem Bereich machen mehr als 25% unseres Kundenportfolios aus. Letztes Jahr legten wir erstmals einen sog. Green Bond zur Refinanzierung dieser Projekte auf. Aktuell beschäftigen wir uns verstärkt mit der Finanzierung von „Green Buildings“. Zur Refinanzierung dieser Projekte planen wir dieses Jahr einen entsprechenden Green Bond Immobilien aufzulegen. Wir gehen davon aus, dass bis 2030 jede Finanzierung in der Wirtschaft, ob im Bereich der erneuerbaren Energien, der Immobilienwirtschaft, von Infrastrukturmaßnahmen oder der klassischen Industrien einen CO2- optimierenden bzw. neutralen Fußabdruck haben wird. Wir sehen uns gut aufgestellt für diese Herausforderung.

Wie definiert die SaarLB „Green Finance“ und welche Aktivitäten fallen darunter?

F.E.: Wir verstehen unter Green Finance die Finanzierung von Investitionen in den Bereichen Klimaschutz, Anpassung zu Klimawandel, Wandel zur Kreislaufwirtschaft, nachhaltige Nutzung der Ressource Wasser, Vermeidung von Umweltverschmutzung, Schutz von Ökosystemen sowie Biodiversität.

Bereits seit über 20 Jahren begleiten Sie Maßnahmen im Bereich der erneuerbaren Energien. Können Sie uns Beispiele in Frankreich und in Deutschland nennen?

F.E.: Wir haben allein in Frankreich Projekte im Bereich Wind- und Solarenergie in einer Größenordnung von mehr als 5 Mrd. € Investitionsvolumen – das sind rd. 350 Wind- und Solarparks mit einer Nennleistung von 3,5 Gigawatt – finanziert. Zum Vergleich: das kürzlich stillgelegte Kernkraftwerk in Fessenheim hatte eine Nennleistung von
1,8 Gigawatt.
Alle diese Projekte sind sog. Onshore Projekte, heißt „an Land“. Ende letzten Jahres konnten wir unser erstes Wasserkraftprojekt in Frankreich realisieren.
Die Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien, die wir in Deutschland, Frankreich, Luxembourg sowie den Niederlanden finanzieren, bewegen sich alle im Investitionsvolumen von € 10 Mio. bis max. € 100 Mio..

In welchen anderen Bereichen existieren Green Finance Projekte der SaarLB?

F.E.: Wir finanzieren Projekte der Immobilienwirtschaft (Green Building) sowie im Bereich der klassischen Industrien (Transformation). Im Bereich Green Building die Finanzierung von Neubauvorhaben mit Fokus auf Energieeffizienz bis hin zu reinen Passivobjekten (CO2 neutral) sowie bei Bestandsimmobilien (z.B. in Paris) die Finanzierung von Maßnahmen der energetischen und digitalen Sanierung.
In den klassischen Industrien (Maschinenbau, Automobil, Automobilzulieferer, Stahlerzeugung etc.) engagieren wir uns bei Investitionen zur nachhaltigen Reduktion von CO2 bis hin zur CO2 Neutralität, begleiten also den Transformationsprozess von heute in die CO2 neutrale Zukunft.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen und Fördermechanismen würden Sie sich von öffentlicher Seite wünschen, damit die SaarLB mehr Green Finance anbieten kann?

F.E.: Der Green Deal muss bezahlbar und finanzierbar sein und die gesetzlichen Rahmenbedingungen müssen fair, klar und vor allem kalkulierbar und verlässlich sein. Das Ganze muss sich in einem fairen Wettbewerbsumfeld abspielen (nicht regional, sondern global), und es darf zu keinen Wett-bewerbsverzerrungen kommen.

Konkrete Ansätze sehe ich

Im Bereich erneuerbare Energien:
Schnellere Genehmigungsverfahren
Schnellere Abwicklung von Klageverfahren/Einsprüchen
Verbindliche Artenschutzregelungen
Vereinfachte Genehmigungsverfahren bei Repowering Projekten
Förderung von Bürgerbeteiligungen (insbes. w/ Steigerung der Akzeptanz)

Im Bereich Green Building:
Feste Standards/Anforderungen an Green Buildings
Förderung von sog. Passiv Buildings (CO2 neutrale Energiedeckung durch Sonneneinstrahlung und Wärmeabgabe)
Verpflichtung von Solarbedachung auf allen privaten/gewerblichen sowie öffentlichen Gebäuden

Transformation Wirtschaft:
Förderung durch „verlorene“ nicht rückzahlbare Zuschüsse
Eigenkapitalbeteiligungen
Haftungsfreistellungsprogramme (analog der Corona Hilfsprogramme)
Privilegierung von Green Finance bei Finanzaufsicht

Wie kann eine deutsch-französische Zusammenarbeit Klimawandel und Energiewende auf europäischer Ebene voranbringen?

F.E.: Zunächst benötigen wir ein gegenseitiges Verständnis für die Ausgangssituation des Nachbarlandes. Deutschland kommt von der klassischen Stromerzeugung aus Braun- und Steinkohlekraftwerken und wird über Gas als Brückentechnologie sowie den Ausbau der erneuerbaren Energien CO2 Neutralität angehen.
Frankreich kommt von der Kernkraft und beabsichtigt, über den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie kleinere Kernkraftwerke (sog. Small Modular Reactors) in Verbindung mit Wasserstoff die CO2 Neutralität zu erreichen.

Beide Wege sind nach meiner Einschätzung der zielführende Weg für das jeweilige Land und somit auch richtigerweise in der sog. Taxonomie Verordnung manifestiert. Deutschland und Frankreich gehen also ihren spezifischen Weg; wünschen würde ich mir, dass dies begleitet würde von grenzüberschreitenden Projekten (Green Deals) der Grenzregionen von Saarland / Rheinland-Pfalz / Baden – Württemberg und Grand Est; die gesetzlichen Rahmenbedingungen / Grundlagen wurden für diese Grenzregionen im Aachener Vertrag von 2019 gelegt.

Die SaarLB hat vor drei Jahren den Pôle Franco-Allemand ins Leben gerufen. Welche Zielsetzung hat diese Einrichtung?

F.E.: Die Idee des Pôle Franco-Allemand war und ist, deutschen Investoren, die in Richtung Frankreich investieren wollen und umgekehrt einen zentralen Ort/Plattform zur Verfügung zu stellen, auf der alle maßgeblichen Dienstleistungen mit Wertschöpfungspartnern abgebildet sind, die ein Investor benötigt, sein Projekt im Nachbarland zu realisieren. Von der Standortsuche, rechtlicher Begleitung, Vertrieb und Marketing, Personalbeschaffung, Accounting bis hin zur Finanzierung.

Welche Bedeutung hat der französische Markt für die SaarLB, und welche Strategie verfolgen Sie auf dem französischen Markt?

F.E.: Wir erzielen heute rd. 50% unserer Neugeschäftserträge mit französischen Kunden bzw. in Frankreich. Gleiches gilt für unser Bestandsportfolio, heißt wir sind bereits zu rd. 50% in Frankreich bzw. bei französischen Kunden „investiert“.
Unsere Kunden sind Investoren im Bereich der erneuerbaren Energien, Immobilieninvestoren (primär Immobilienmarkt Paris/Ile de France), die öffentliche Hand, Krankenhäuser sowie klassische Firmenkunden in Frankreich. Daneben finanzieren wir sog. PPP (Private Public Partnership) Projekte in Frankreich. Ein USP ist die Begleitung deutscher Investoren/ Firmen nach Frankreich und vice versa.
Aktuell betreuen wir diese Kunden/Projekte aus unseren Standorten in Strasbourg sowie Paris heraus. In diesem Jahr werden wir einen weiteren Standort in Lyon zur Abrundung unseres Marktauftritts eröffnen.

 

Autor: Magazin CONTACT


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