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Am 22. Januar, dem « deutsch-französischen Tag », unterschrieben die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident einen neuen Freundschaftsvertrag.

Impulse für den deutsch-französischen Motor

Am 22. Januar, dem « deutsch-französischen Tag », unterschrieben die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Präsident einen neuen Freundschaftsvertrag. 56 Jahre nach Unterzeichnung des Élysée-Vertrags wollen Deutschland und Frankreich somit ihre Beziehung dynamisieren. Der Aachener Vertrag schafft Möglichkeiten, die langjährig Beziehungen zwischen beiden Ländern auszubauen und voranzubringen.


Der Élysée-Vertrag : Motor der europäischen Einigung

Mit dem Élysée-Vertrag beendeten Bundeskanzler Konrad Adenauer und Frankreichs Präsident Charles de Gaulle am 22. Januar 1963 die sogenannte Erbfeindschaft zwischen Deutschland und Frankreich. Die beiden Länder wurden damit zu den wichtigsten Partnern in Europa und verschrieben sich einer engen Abstimmung: In regelmäßigen Abständen trafen sich Regierungsvertreter beider Länder. Außen-, Europa- und Verteidigungspolitik wurden fortan miteinander abgesprochen. Als konkretes Ergebnis entstand der deutsch-französische Ministerrat, der das deutsch-französische Jugendwerk gründete. Außerdem werden seither Austauschprogramme und Städtepartnerschaften, gemeinsame Hochschulstudiengänge und bilinguale Kindergärten gefördert.

1988 wird der Vertrag unter Bundeskanzler Helmut Kohl und dem französischen Präsidenten François Mitterand ergänzt. Dabei werden ein gemeinsamer Finanz- und Wirtschaftsrat, ein Umwelt- und Kulturrat sowie ein Verteidigungs- und Sicherheitsrat gegründet.


Welche Neuerungen bringt der Vertrag von Aachen?

Im Vorfeld der Europawahl ist die Fortschreibung des Élysée-Vertrages ein positives Signal und liefert frische Impulse für den deutsch-französischen Motor. Davon können beide Länder auch wirtschaftlich profitieren. Denn Deutschland ist der mit Abstand größte Handelspartner Frankreichs und Frankreich ist für Deutschland der zweitgrößte Exportmarkt weltweit. Für die deutschen Unternehmen ist ein gut funktionierender Binnenmarkt von enormer Bedeutung – gerade angesichts der weltweit zunehmenden protektionistischen Tendenzen. Und deutsch-französische Zusammenarbeit ist ein wichtiger Schlüssel für eine stärkere EU. Im Vertrag „über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration“ formulieren Deutschland und Frankreich dazu konkrete Ziele – und Pläne:

Deutschland und Frankreich wollen ihre Positionen in Brüssel künftig enger miteinander abstimmen und vor großen europäischen Treffen regelmäßig „Konsultationen auf allen Ebenen“ abhalten.

Ein wichtiger Punkt ist die Schaffung eines deutsch-französischen Wirtschaftsraums, der bürokratische Hürden zwischen beiden Ländern abbauen soll. Dazu soll ein „Rat der Wirtschaftsexperten“ mit unabhängigen Fachleuten entstehen. In einer Umfrage, die die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer unter deutschen Unternehmen in Frankreich letzten Sommer durchführte, wurde die Harmonisierung des deutschen und französischen Wirtschaftsrecht als wichtigste Massnahmen genannt, um Handels- und Investitionshemmnisse abzubauen. Der Aachener Vertrag schafft nun die Grundlage dafür.

Erfreulicherweise stärkt und verankert der neue Vertrag explizit die Kooperation in der Berufsbildung: Deutsch-französische Exzellenzinstrumente für Forschung, Ausbildung und Berufsbildung sollen ebenso wie integrierte deutsch-französische duale Studiengänge geschaffen werden. Außerdem sollen Schul- und Bildungsabschlüsse künftig leichter anerkannt werden und grenzüberschreitende Mobilität in der Berufsausbildung initiiert werden. Die Deutsch-Französische Industrie- und Handelskammer bietet in diesem Bereich schon Mobilitätsprogramme für Auszubildende an und bringt Schüler und Unternehmen zusammen durch die Internetplattform „Schule-Unternehmen“.

Bürgerinitiativen und Städtepartnerschaften sollen künftig aus einem gemeinsamen Bürgerfonds gefördert werden. Für Jugendliche soll es zudem mehr Anreize geben, die jeweilige Nachbarsprache zu lernen. Immer weniger deutsche Schüler sprechen heute Französisch und umgekehrt. In den Grenzregionen soll die Zweisprachigkeit besonders gefördert werden.

Auch eine engere Zusammenarbeit bei Gesundheitsversorgung und Elektromobilität ist in den Grenzregionen vorgesehen. Die sogenannten „Eurodistrikte“ sollen dafür grenzüberschreitend Rechts- und Verwaltungsvorschriften erhalten, die beschleunigte Verfahren in beiden Staaten ermöglichen. Für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit soll es einen eigenen Ausschuss geben.

Wichtig ist auch die angestrebte Zusammenarbeit in den Bereichen Verteidigung und Sichterheit, bei der es in der Vergangenheit immer wieder Unstimmigkeiten gegeben hat. So wollen Deutschland und Frankreich erstmals gemeinsame Regeln für Rüstungsexporte entwickeln. Beide Seiten versichern sich außerdem Beistand „im Fall eines bewaffneten Angriffs“ auf eines der beiden Länder, auch mit militärischen Mitteln. Deutschland und Frankreich streben ausserdem « gemeinsam » einen ständigen deutschen Sitz im Uno-Sicherheitsrat an. Wie dies allerdings konkret aussehen wird, steht noch offen.


Wie kam es zu dem Vertrag von Aachen?

In seiner Rede an der Pariser Universität Sorbonne regte Präsident Macron im September 2017 an, ein neues Abkommen mit Deutschland zu schließen. Es sollte ein Zeichen von Stabilität sein, ein Symbol gegen die Krisen in der EU. Während seiner Präsidentschaft versprach Macron eine „Neugründung Europas“ – mit einem deutsch-französischen Motor.

 

Autor: Alexandra Seidel-Lauer
© shutterstock.com/Dmitry Kalinovsky


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