Bessere Vernetzung, schnellere Verfügbarkeit, geringere Kosten: Digitale Prozesse steigern die Effizienz. Das haben mittelständische Unternehmen in Deutschland und Frankreich längst erkannt. Bei den Investitionen in die Digitalisierung bestehen aber Unterschiede in beiden Ländern.
Deutscher Mittelstand investiert zu wenig in Entwicklung digitaler Technologien
Deutschland rangiert bei der Anwendung digitaler Technologien in der Wirtschaft im EU-Vergleich nur im Mittelfeld, und auch die Entwicklung solcher Technologien zählt nicht zu den Stärken des deutschen Innovationssystems. Die Corona-Pandemie hat aber die letzten Zweifel ausgeräumt: 97 % der deutschen Unternehmen sehen in der Digitalisierung laut einer Bitkom-Studie aus dem Herbst 2020 eine „große Chance“, auch wenn sich 71 % der Unternehmen bei der Digitalisierung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern momentan eher als Nachzügler sehen.
Um mit Ländern wie etwa Frankreich oder Großbritannien zumindest gleichzuziehen, müssten die jährlichen IT-Investitionen in Deutschland auf das Doppelte bis Dreifache – d.h. von zuletzt 49 Mrd. auf 100 bis 150 Mrd. EUR – steigen. Das hat eine Studie von KfW Research ergeben. Um diese Entwicklung mitzugehen, müssten die Digitalisierungsausgaben im Mittelstand von 18 Mrd. EUR im Jahr 2019 auf 35 bis 50 Mrd. EUR pro Jahr zunehmen.
Wie der letzte Digitalisierungsindex der Deutschen Telekom bescheinigt, verzeichnen die befragten mittelständischen Unternehmen aus allen Branchen Transformationsfortschritte, aber es geht unterschiedlich schnell voran. Vorne liegen Banken und Versicherungen, die seit Jahren die Spitzenreiter ausmachen. Ebenfalls vorne liegt die Industrie, sowie Transportunternehmen, bei denen sich Automatisierung und vernetzte Fahrzeuge direkt in der Digitalbilanz auszahlen.
Das Schlusslicht in den Branchen bleibt das Baugewerbe, das an vielen Stellen an traditionellen Prozessen und Arbeitsweisen festhält.
Französischer Mittelstand setzt auf Beschleunigung der Digitalisierung
Laut des Mittelstandsbarometers von Bpifrance Le Lab/Rexecode hat sich die Corona-Krise in Frankreich nicht negativ auf die Investitionsprojekte der nächsten drei Jahre ausgewirkt. Einer von fünf Firmenchefs kleiner und mittelständischer Unternehmen ist zudem der Ansicht, dass die Investitionen in die Digitalisierung in den letzten drei Jahren unzureichend waren. Die befragten französischen KMU schätzen, dass ihre Investitionen in die Digitalisierung in diesem und in den kommenden Jahren steigen werden. 58 % der Firmenchefs wollen 2021 investieren und 31 % erwägen eine Steigerung der Investitionen. Dabei zielen die Investitionsprojekte vor allem auf die Digitalisierung und Robotisierung.
Auch eine kürzlich durchgeführte Umfrage von Opinion Way für Qonto bestätigt, dass sich bei der Hälfte der Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern die Corona-Krise eher beschleunigend auf die digitale Transformation ausgewirkt hat.
Auch wenn die französischen Firmen im Rückstand sind bei Softwarelösungen im Bereich Kundenbetreuung, haben sie einen Vorsprung gegenüber europäischen Mitbewerbern bei ERP-Anwendungssoftware, der automatischen Verarbeitung von Rechnungen und Cloud-Computing. Dabei verzeichnet die französische Industrie ein hohes Investitionsniveau im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien mit 6,7 % der industriellen Wertschöpfung gegenüber 1,3 % in Deutschland.
Autor: Jitka Mencl-Goudier
© shutterstock.com