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Der Kauf eines deutschen oder französischen Unternehmens bietet Mittelständern auf beiden Seiten des Rheins derzeit interessante Perspektiven.

Mittelstand: Gute Perspektiven für grenzüberschreitende Unternehmenskäufe

Der Kauf eines deutschen oder französischen Unternehmens bietet Mittelständern auf beiden Seiten des Rheins derzeit interessante Perspektiven. Der Unternehmenskauf ist Gegenstand eines Unternehmenskaufvertrags, der zu den international komplexesten Verträgen gehört. Worauf müssen Unternehmen achten und welche Unterschiede sind beim Unternehmenskauf in Deutschland und Frankreich zu beachten?


Günstige Zeiten für den Unternehmenskauf in Deutschland

Der Zeitpunkt, ein deutsches Unternehmen zu kaufen, könnte nicht besser sein. Der KfW zufolge planen bis zum Jahr 2022 über eine halbe Million Unternehmensinhaber die Nachfolge. Rund 100.000 Unternehmen müssen übergeben werden und 236.000 Inhaber kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) planen den Rückzug aus ihrem Unternehmen. Auch wenn sich rund 94 % der deutschen Unternehmen im Familienbesitz befinden, werden in den nächsten Jahren schätzungsweise 44.000 dieser Betriebe extern verkauft. Für französische Käufer bieten sich hier gute Perspektiven.

Nach einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC, haben im Jahr 2016 französische Unternehmen 93 Unternehmen in Deutschland erworben. Dies ist ein Rekordwert. Im gleichen Zeitraum wurden 25 französische Firmen von deutschen Unternehmen gekauft.


Unternehmenskauf in Deutschland: Grundlagen und Prozessablauf

Der Kaufvertrag für einen Unternehmensverkauf ist besonders komplex. Der Käufer sollte sich vor dem Erwerb einen Überblick über die Situation des Unternehmens sowie über rechtliche und steuerrechtliche Aspekte verschaffen. Hier sollte die Due Diligence genutzt werden, eine Art Risikoprüfung. Im Hauptprozess wird unter anderem eine Geheimhaltungsvereinbarung (Non Disclosure Agreement) unterzeichnet, welche die Anonymität für den Erwerber und den Veräußerer sichert. In den weiteren Gesprächen hat der Erwerber in der Regel eine Absichtserklärung (Letter Of Intent) zu unterschreiben, bevor er das Unternehmen besichtigen kann oder nähere Informationen erhält. Danach können die Vertragsverhandlungen und die Unternehmensprüfung beginnen. In den Gesprächen wird der konkrete Verkaufsgegenstand benannt, der Kaufpreis ausgehandelt, der Zeitpunkt des Übergangs festgelegt und welche Forderungen, Rechtsverhältnisse, Arbeitsverhältnisse und Haftungen übertragen werden. Abschließend erfolgt der Vertragsabschluss und die Abwicklung (Signing and Closing).


Kaufoptionen für den Unternehmenskauf in Deutschland

Bei den Kaufoptionen unterscheidet man zwischen Share Deal und Asset Deal.

Beim Share Deal wird das Unternehmen als Ganzes verkauft bzw. erworben, oder Anteile der Gesellschaft übernommen. Das bedeutet, dass lediglich ein Inhaberwechsel stattfindet. Der Share Deal bietet vor allen den Vorteil, dass Beziehungen und Verträge mit Dritten (z.B. Lieferanten) bestehen bleiben und nicht neu vereinbart werden müssen.

Asset Deal – Beim Unternehmenskauf in dieser Variante werden die zugehörigen Wirtschaftsgüter (bzw. Vermögenswerten, sog. „Assets“) des Unternehmens inklusive Vertrags-, Arbeits- und Rechtsverhältnisse im Kaufvertrag einzeln erfasst und auf den Käufer ebenso einzeln übertragen. Ein wesentlicher Vorteil bietet sich durch den Asset Deal vor allem dann, wenn der Käufer nur an ganz bestimmten Wirtschaftsgütern eines Betriebs interessiert ist. Außerdem gibt es haftungsrechtliche Vorteile gegenüber Share Deals.


Fördermittel für den Unternehmenskauf

Zur Fremdkapitalfinanzierung einer Unternehmensübernahme stehen neben dem klassischen Bankdarlehen zahlreiche Förderkredite von Bund, Ländern und Kommunen zur Verfügung. Sie richten sich in erster Linie an Existenzgründer, Unternehmensnachfolger und KMU. Die Kreditvergabe erfolgt nach dem Hausbankprinzip. Demnach werden öffentliche Förderkredite nicht direkt von den Landesförderbanken oder der KfW vergeben, sondern müssen vom Unternehmensnachfolger vor dem Unternehmenskauf über seine Hausbank beantragt werden.


Der Unternehmenskauf in Frankreich

Der Kauf eines französischen Unternehmens im Wege eines Share-Deals (achat de parts sociales, prise de participation) oder Asset-Deals (achat de fonds de commerce) bietet deutschen Mittelständlern interessante Perspektiven zum Ausbau und der Absicherung der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten auf europäischer und internationaler Ebene. Das französische Unternehmenskaufrecht unterscheidet sich allerdings vom deutschen. Kaufinteressierte Unternehmen sollten daher Fachleute wie französische Steuerberater und Rechtsanwälte zu Rate ziehen. Gerade die Partner des Pôle Franco-Allemand bieten hier eine hohe Expertise.

Die sechs Etappen des Unternehmenskaufs in Frankreich:

  1. Die Unterzeichnung einer Absichtserklärung oder Letter of Intent
  2. Die Prüfung (Audit oder Due Diligence) der Zielgesellschaft im Bereich Recht, Steuern, Bilanzierung
  3. Die Mitteilungspflicht gegenüber den französischen Arbeitnehmern vor Abschluss des Unternehmenskaufvertrages
  4. Die Verfassung und Abschluss des Unternehmenskaufvertrages
  5. Das Erstellen einer Vereinbarung über die Erklärungen und Zusicherungen des Verkäufers
  6. Die Formalitäten im Anschluss an die Unterzeichnung des Kaufvertrags über die französische Gesellschaft
  7. Die Absichtserklärung

Bei einem Unternehmenskauf über Ländergrenzen hinweg kann es relativ lange dauern, bis es zu einem Abschluss kommt. Um sich abzusichern und den bisherigen Stand der Verhandlungen festzuhalten, um Vorleistungen zu definieren oder auszuschließen, können die Verhandlungspartner eine Absichtserklärung (lettre d’intention) unterzeichnen.


Due Diligence und Gewerberaummietrecht in Frankreich

Im Rahmen einer rechtlichen Due-Diligence sollte das französische Unternehmen durch spezialisierte Rechtsanwälte geprüft werden, vor allem Themen wie Gesellschaftsrecht, Arbeitsrecht, Steuerrecht, Bilanzen und Verträge sollten intensiv geprüft werden.

Besonderes Augenmerk gilt dem französischen Arbeitsrecht. Generell ist das Arbeits- und Sozialversicherungsrecht in Frankreich recht stark reglementiert und tendenziell eher arbeitnehmerfreundlich ausgestaltet ist.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das französische Gewerberaummietrecht (le bail commercial). Die Kündigungsmöglichkeiten für den Mieter sind stark durch den Gesetzgeber reglementiert, so können Gewerberaummietverträge in der Regel durch den Mieter nur nach drei und sechs Jahren, durch den Vermieter nur nach neun Jahren ordentlich gekündigt werden.


Französischer Geschäftsbetrieb oder fonds de commerce

Der sogenannte fonds de commerce ist ein abstraktes Institut des französischen Handelsrechts, das es in dieser konkreten Form im deutschen Recht nicht gibt. Am ehesten wird der Begriff fonds de commerce mit „Geschäftsbetrieb“ übersetzt. Voraussetzung für die Existenz dieses französischen Geschäftsbetriebs oder fonds de commerce ist seine Eintragung im französischen Handelsregister (Registre du Commerce et des Sociétés, kurz „RCS“)

Im französischen Recht ist ein Geschäftsbetrieb ein „fonds de commerce“, und sein Verkauf umfasst andere Inhalte als ein Unternehmenskauf in Deutschland. Auf jeden Fall erhält der Käufer das Anlagevermögen, die Kundschaft, den Mietvertrag, das Logo, den Namen der Firma, geistiges Eigentum und Lizenzen. Nicht automatisch im Kaufvertrag enthalten sind bestehende Verträge des Unternehmens, ausstehende Forderungen und Schulden.


Verpflichtung zur Information der Belegschaft

Bevor ein Unternehmen in Frankreich verkauft werden darf, müssen die Arbeitnehmer über diese Absicht und die damit verbundenen sozialen Auswirkungen informiert werden. Bei großen Unternehmen wird die Gewerkschaft informiert. Der Geschäftsführer haftet im Falle einer Abtretung ohne vorherige Information persönlich. Außerdem muss die Belegschaft alle 3 Jahre über die mögliche Übernahme des Unternehmens informiert werden.

Für weitere Informationen und Beratungsleistungen rund um den Unternehmenskauf, kontaktieren Sie uns unter +49 681 383-1700.

Autor: Jitka Mencl-Goudier
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